Der Schadenersatz an den Betroffenen gemäß Art. 82 DSGVO als Schmerzensgeldanspruch
von Ass. Jur. Bernd Gehrig (Kommentare: 0)
Entscheidung des EuGH ist zu erwarten
Das Bundesverfassungsgericht hat per Beschluss entschieden, dass die Frage, wann ein Schmerzensgeldanspruch gem. Art. 82 DSGVO gegeben ist, dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen ist: vorlagepflicht-82dsgvo.pdf (richterrecht.com) (Beschluss vom 14. Januar 2021, 1 BvR 2853/19)
Ein Rechtsanwalt hatte beim Amtsgericht auf Schadensersatz in Form eines Schmerzensgeldes gemäß Art. 82 DSGVO geklagt. Er trug vor, durch eine Werbeemail, die ihm nicht hätte zugestellt werden dürfen, einen immateriellen Schaden erlitten zu haben. Er sei dadurch beeinträchtigt worden, und verlange zum Ausgleich ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro.
Den Schmerzensgeldanspruch begründete er damit, „dass die Vorschrift für schuldhafte Verstöße gegen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung ein angemessenes Schmerzensgeld vorsehe. Vorliegend sei seine Email Adresse im Sinne des Art. 6 DSGVO datenschutzwidrig, weil ohne Einwilligung verwendet worden“(Zitat aus der Entscheidung).
Das Amtsgericht lehnte den Schadensersatzanspruch ab mit der Begründung, „es habe sich lediglich um eine einzige Werbe-E-Mail gehandelt, die nicht zur Unzeit versandt worden sei, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes deutlich gezeigt habe, dass es sich um Werbung handele, und die ein längeres Befassen mit ihr nicht notwendig gemacht habe“ (Zitat aus der Entscheidung).
Die Beeinträchtigung des Klägers sei also nicht so erheblich gewesen, dass ein Schmerzensgeldanspruch gerechtfertigt wäre. Eine Berufungsmöglichkeit wurde abgelehnt.
Der Kläger wandte sich an das Bundesverfassungsgericht mit der Begründung, er sein in seinem Recht auf Anhörung durch den zuständigen Richter gemäß Art. 101 Abs 1 S. 2 verletzt worden.
Das Amtsgericht hätte eine Berufungsmöglichkeit zulassen sollen, oder die Angelegenheit dem EuGH vorlegen müssen. (Einzelheiten s. vorlagepflicht-82dsgvo.pdf (richterrecht.com)).
Das Bundesverfassungsgericht gab der Beschwerde statt und verwies die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung unter Berücksichtigung der Vorlagepflicht zum EuGH an das Amtsgericht zurück. Somit kann davon ausgegangen werden, dass der EuGH sich mit der Frage befassen wird, welche Anforderungen an ein Schmerzensgeld nach der Vorschrift des Art. 82 DSGVO zu stellen sind.
Grundsätzliche Überlegungen zum Anspruch auf Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO
Eine Übersicht über diesbezügliche Urteile die ein Schmerzensgeld sowohl zusprechen, als auch ablehnen, findet sich bei:
Latham-DSGVO-Schadensersatztabelle (lw.com)
Im folgenden soll an Hand einiger beispielhafter Urteile die grundsätzliche Thematik des Schmerzensgeldes im Zusammenhang mit der DSGVO angerissen werden.
Schmerzensgeld in Höhe von 5000 € wegen einer verspäteten Auskunft? Schmerzensgeld wegen einer unrechtmäßigen Weitergabe einer Wohnadresse? Schmerzensgeld wegen einer fehlerhaften Einreichung bei der Schufa durch eine Bank? Anmerkungen zu verschiedenen Urteilen:
ArbG Düsseldorf Az. 9 Ca 6557/18)
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/arbg_duesseldorf/j2020/9_Ca_6557_18_Urteil_20200305.html
OLG Innsbruck vom 13.2.2020, 1 R 182/19b;Leitsatz bei: JJR_20200213_OLG0819_00100R00182_19B0000_001.pdf (bka.gv.at)
LG Lüneburg: LG Lüneburg, Urteil v. 14.07.2020, Az. 9 O 145/19: Art. 62 DSGVO: Bank muss wegen 20 Euro Kontoüberziehung ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro zahlen
Erweiterung des Betroffenenschutzes
Die DSGVO hat mit ihrem in Kraft treten die Möglichkeit eröffnet, Verstöße in vorher nicht dagewesener Höhe durch Bußgelder zu sanktionieren. Hierbei ist ausdrücklich eine abschreckende Wirkung beabsichtigt und auch im Gesetz geregelt (Art. 83 DSGVO).
Der Betroffene selbst hat das Recht, sich jederzeit bei einer zuständigen Aufsichtsbehörde zu beschweren.
U. a. durch Urteil des ArbG Düsseldorf (ArbG Düsseldorf, Urt. v. 05.03.2020, Az. 9 Ca 6557/18) wurde nun auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer verspäteten Auskunft bejaht. Wohlgemerkt, ohne dass die Verspätung für den Betroffenen weitere materielle oder etwa rufschädigende Konsequenzen gehabt hätte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es soll jedoch hier zum Anlass genommen werden, Nach bisheriger herrschender Auffassung war das Kriterium der Abschreckung allenfalls bei der Bemessung eines Bußgeldes (Sanktionscharakter) heranzuziehen. Der Schadensersatzanspruch selbst jedoch soll lediglich den tatsächlichen Schaden ausgleichen (Wiedergutmachungs- / Wiederherstellungscharakter).
Weite Auslegung des Schadensbegriffs?
In dem Erwägungsgrund Nr. 146 der DSGVO zum Schadensersatz heißt es:
„Der Begriff des Schadens sollte im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs weit auf eine Art und Weise ausgelegt werden, die den Zielen dieser Verordnung in vollem Umfang entspricht."
Gemeint ist damit, dass der Betroffene bei Verstößen die zu einem Schaden führen einen umfassenden Schadensersatz erhalten soll. Hieraus ergibt sich jedoch noch kein Hinweis darauf, wann überhaupt ein Schaden vorliegt. Dennoch wird nun teilweise abgeleitet, dass bereits ein geringfügiger Verstoß einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründen soll.
In dem Urteil des ArbG Düsseldorf wurde dem Kläger für eine insgesamt um fünf Monate verspätete Auskunft, die zudem noch Inhaltliche Mängel aufwies insgesamt 5000 € Schmerzensgeld zugesprochen.
Der ursprüngliche Antrag lautete übrigens: "…ihm 143.482,81 € als Ersatz für den immateriellen Schaden nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen…"
Das tatsächlich zugesprochene Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € setzt sich gemäß der Urteilsbegründung folgendermaßen zusammen:
„Unter Berücksichtigung all dessen hat die Kammer für die ersten zwei Monate der Verspätung jeweils 500 €, für die weiteren etwa drei Monate jeweils 1.000 € und für die beiden inhaltlichen Mängel der Auskunft jeweils 500 € angesetzt.“
Aus der Begründung: „Durch die monatelang verspätete, dann unzureichende Auskunft war der Kläger im Ungewissen und ihm die Prüfung verwehrt, dann nur eingeschränkt möglich, ob und wie die Beklagte seine personenbezogenen Daten verarbeitet. Die Schwere des immateriellen Schadens ist für die Begründung der Haftung nach Art. 82 Abs. 1 E. irrelevant und wirkt sich nur noch bei der Höhe des Anspruchs aus…“
Dass bereits eine Ungewissheit einen Schmerzensgeldanspruch begründen soll stellt ein Novum in der Schadensersatzrechtsprechung dar.
Ein Ungemach(sempfinden) soll nicht für einen Schmerzensgeldanspruch genügen
In einem anderen Fall - OLG Innsbruck vom 13.2.2020, 1 R 182/19b – wurden Adressdaten unbefugt an Dritte weitergegeben. Der Kläger trug vor, durch die rechtswidrige Verarbeitung und Übermittlung seiner personenbezogenen Daten sei ihm ein immaterieller Schaden entstanden. Der Schaden bestehe im Ungemach, das durch den rechtswidrigen und sorglosen Umgang der Beklagten mit personenbezogenen und teils sensiblen Daten des Klägers ausgelöst worden sei.
Die Vorinstanz gestand dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 Euro zu.
Das OLG Innsbruck verlangte für die Begründung des Schadens jedoch ein Mindestmaß an Erheblichkeit an persönlicher Beeinträchtigung.
Dieses Mindestmaß wäre hier jedoch nicht gegeben, da keine dauerhafte Gefühlsbeeinträchtigung vorläge, sondern lediglich ein (wenngleich berechtigter (Anm. d. Autors)) Ärger.
Wir haben hier also in ähnlich gelagerten Fällen zwei völlig unterschiedliche Bewertungen durch Gerichte unter Heranziehung derselben Rechtsgrundlagen: Die Vorschrift des § 82 DSGVO, sowie es Rechts des immateriellen Schadens. Dass die Urteile aus verschiedenen EU-Ländern stammen ist hier eigentlich nicht relevant, da in beiden die DSGVO gleichermaßen gilt und auch das Schadensersatzrecht vergleichbar ist.
Es geht hier nun um die Frage, ab welchem Grad des durch einen Verstoß gegen die DSGVO hervorgerufenen Unwohlseins ein Schmerzensgeldanspruch überhaupt begründet werden kann. Hier zunächst die gesetzliche Regelung:
Art. 82 DSGVO Haftung und Recht auf Schadenersatz
„Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.“
Ein immaterieller Schaden kann nicht nur in den hinlänglich bekannten Fällen von körperlichen Beeinträchtigungen (Schmerzensgeld kommt von Schmerz) gegeben sein, sondern auch bei schwerwiegender Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Beispiele hierfür sind: Verletzung der Intimsphäre, Rufschädigung, entstellende Darstellungen in der Presse und nun auch die Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung durch Verstöße gegen die DSGVO.
Die entscheidende Frage ist also:
Wann ist die Schwelle erreicht, dass es sich um eine so schwerwiegende Beeinträchtigung handelt, dass ein Schmerzensgeld begründet ist?
Genügt es z. B. schon, wenn eine Auskunft gem. Art. 15 DSGVO einen Monat später erteilt wird als vorgeschrieben? Ist in diesem Fall die (seelische) Beeinträchtigung
beim Betroffenen so schwerwiegend, dass ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von z.B. 500 € angemessen ist?
Das Urteil des Arbeitsgerichts lässt sich auch so interpretieren, dass durch die Summe der Verstöße, (insgesamt fünfmonatige Fristüberschreitung und zwei inhaltlich falsche Auskünfte) in ihrer Gesamtheit erst die Schwelle zur Erheblichkeit erreicht wurde, und die Gewichtung der Einzelverstöße und die dabei erfolgende wirtschaftliche Bewertung erst durch eine Rückrechnung erfolgt.
Diese Betrachtung hätte zur Folge, dass jeder einzelne Verstoß für sich genommen (noch) kein schwerwiegender Eingriff wäre, und damit noch kein Schmerzensgeldanspruch gerechtfertigt wäre.
In der Tat wäre es eine Ausweitung des bisherigen Schmerzensgeldrechts, schon bei einem Monat verspäteter Auskunft, oder bei einer fehlerhaften Auskunft von einer erheblichen seelischen Beeinträchtigung auszugehen.
Das Schmerzensgeldrecht müsste hier eine Lücke ausfüllen, die darauf hinausläuft, dass jegliches Ungemach oder Unbehagen welches durch fehlerhaftes Verhalten ausgelöst wird eben einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründet. Das oben zitierte OLG Innsbruck hat dies (nach Auffassung des Autors) zu Recht abgelehnt und einen Schmerzensgeldanspruch verneint.
Höhe des Schmerzensgeldes und Vergleich zu Schmerzensgeldansprüchen nach bekannten Tabellen
Wenn bereits die nachvollziehbare Definition der Erheblichkeit eines seelischen Schmerzes durch einen DSGVO-Verstoß nicht einfach ist, wird auch die Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes einiger Begründungskunst bedürfen.
Ob die Rechtsprechung kleinere Verstöße gegen die DSGVO in Schmerzensgeldregionen wie bei massiven körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen hebt und damit tatsächlich vergleichbar macht, bleibt ebenfalls abzuwarten.
Zum Vergleich seien hier Beispiele für Schmerzensgeld in vergleichbarer Höhe (5000 €) genannt: Nachzulesen bei
https://www.koerperverletzung.com/schmerzensgeld-vergewaltigung/#tabelle Vergewaltigungsversuch durch Arbeitskollegen des Ehemannes - 5.000 Euro (AG Landstuhl, 2013), Mangelhaftes Einsetzen einer künstlichen Hüftprothese führte zu Oberschenkelbruch - 5.000 Euro (OLG Köln, 1995) sowie viele weitere Fälle.
Hier stellt sich doch nun die Frage, ob eine durch einen Verstoß gegen die DSGVO hervorgerufene Ungewissheit ohne weitere negative Folgen für den Betroffenen mit diesen schweren Beeinträchtigungen von der Schadenshöhe her vergleichbar sein soll.
Abschreckende Wirkung bei Schadensersatz
Ein Schadensersatzanspruch eines Betroffenen, wenn er überhaupt besteht (Voraussetzungen s. oben), kann nicht danach bemessen werden, ob der Höhe nach eine abschreckende Komponente enthalten ist. Es ist vielmehr ausschließlich der tatsächlich entstandene Schaden zu ersetzen. Selbst wenn dieser in einem vom Gericht festzusetzenden Schmerzensgeld bestehen sollte. Dies ergibt sich zum einen aus den Grundsätzen des Schadensersatzrechts (s. oben), aber auch aus der DSGVO selbst:
Diese sieht nämlich eine abschreckende Wirkung lediglich bei Bußgeldern vor:
Art. 83 DSGVO Allgemeine Bedingungen für die Verhängung von Geldbußen „Jede Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass die Verhängung von Geldbußen gemäß diesem Artikel für Verstöße gegen diese Verordnung gemäß den Absätzen 4, 5 und 6 in jedem Einzelfall wirksam, verhältnismäßig und abschreckend ist.“
Hier passt die abschreckende Wirkung auch in das rechtliche Gesamtgefüge, da Bußgelder ja sanktionierenden Charakter haben sollen.
Beim Schadensersatz ist in der DSGVO eine abschreckende Wirkung nicht vorgesehen:
Art. 82 DSGVO Haftung und Recht auf Schadenersatz:
„Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.“
Zur Höhe der Bemessung, insbesondere zu einer Abschreckungswirkung (Sanktion statt Wiedergutmachung) wird in der Vorschrift nichts weiter aufgeführt.
Schmerzensgeld wegen einem fehlerhaften Eintrag bei der Schufa
Aus aktuellem Anlass (die Veröffentlichung des Urteils erfolgte erst jüngst) hier noch eine Stellungnahme zu einem Urteil des LG Lüneburg: LG Lüneburg, Urteil v. 14.07.2020, Az. 9 O 145/19:
Art. 82 I DSGVO: Bank muss wegen € 20,00 Kontoüberziehung ein Schmerzensgeld von € 1.000,00 zahlen! (anwalt.de)
Hier ging es darum, dass eine Bank ihre Warnpflicht verletzt und zu Unrecht der Schufa eine Kontoüberziehung über 20 € gemeldet hat. Das Gericht hat die Bank zu einem Schadensersatz von 1000 € in Form eines Schmerzensgeldes an die betroffene Person verurteilt.
Der immaterielle Schaden der betroffenen Person soll hier darin bestehen, dass er die Kontrolle über seine personenbezogenen Daten verloren hat, und er durch die fehlerhafte Übermittlung seiner Negativdaten an die Schufa bloßgestellt und stigmatisiert wird.
Hier liegt der Fall tatsächlich etwas anders als in den obigen Beispielen. Ein fehlerhafter Negativeintrag bei der Schufa kann tatsächlich für den Betroffenen weitreichende negative Konsequenzen haben. Die Kreditwürdigkeit spielt sowohl im Geschäftlichen als auch im privaten Umfeld (z. B. gegenüber einem Vermieter) eine erhebliche Rolle. Zweifel hieran haben in der Regel tatsächlich rufschädigende und stigmatisierende Wirkung.
Hier kann also ein immaterieller Schaden angenommen werden, während dies bei einem „Unbehagen“ wegen einer kurzfristig verspäteten Auskunft nicht zutrifft.
Fazit:
- Die Sanktionen, die Artikel 83 DSGVO bei Verstößen vorsieht sind wirkungsvoll um das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen zu schützen. Schließlich können hier Bußgelder in Millionenhöhe verhängt werden, die auch hier gesetzlich vorgesehen eine abschreckende Wirkung entfalten sollen. Dass diese Wirkung tatsächlich vorhanden ist, lässt sich bereits daran ersehen, dass viele Unternehmen, die vor Inkrafttreten der DSGVO ihr Augenmerk nicht mit der nötigen Bestimmtheit (das BDSG a. F. gab es ja schon) auf das Thema Datenschutz gerichtet haben plötzlich aktiv geworden sind, um ein eventuelles Bußgeld zu vermeiden.
- Das Schadensersatzrecht ist von seiner rechtlichen Gesamteinordnung her kein geeignetes Instrument, um durch die Konstruktion eines Schmerzensgeldanspruchs (immaterieller Schaden) auch schon bei kleineren und kleinsten Verstößen gegen die DSGVO Abschreckung zu erreichen. Hierin ist dem ablehnenden Urteil des OLG Innsbruck (s. o.) zu folgen. Spannend bleibt natürlich, wie letztlich ein Urteil des EuGH zu diesem Thema ausfällt, wenn es denn tatsächlich kommt.
- Sollte sich die (nach Ansicht des Autors) zu weit gehende Ansicht, dass ein Schmerzensgeldanspruch schon durch kurzfristiges Warten auf eine Information wegen verspäteter Auskunft ohne weitere Beeinträchtigung oder die fehlerhafte Weitergabe einer Adresse ebenfalls ohne weitere Beeinträchtigungen begründet werden kann, tatsächlich durchsetzen, hätte dies einen Dammbruch zur Folge. Eine unabsehbare Klageflut würde sich über die Zivilgerichte ergießen, zumal diese ja auch in anderen Rechtsbereichen droht: Versendet beispielsweise eine Behörde verspätet einen Bescheid, hätte allein die „Ungewissheit“ oder das „Unbehagen“ darüber u. U. einen Schmerzensgeldanspruch zur Folge.
- Ein Schmerzensgeldanspruch ist nach bisherigen Grundsätzen des Schmerzensgeldrechts nur bei erheblichen erlittenen körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen angezeigt. Diese Beeinträchtigung kann auch in einer Rufschädigung bestehen. Beispielsweise das Warten auf eine Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO allein dürfte hier nicht dazugehören, wenn es sich nur um einen Monat oder zwei Monate Fristversäumung handelt, zumal ja hier der Betroffene das Recht der Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde wahrnehmen kann, und ein aufsichtsrechtliches Verfahren in Gang setzen kann.
Wann die Schwelle erreicht sein wird, ab der eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, bedarf dringend einer letztinstanzlichen Klarstellung.
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