Überblick zur Änderung des Nachweisgesetz (NachwG) zum 01.08.2022

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Änderungen am Nachweisgesetz: Auswirkungen auf den Datenschutz mit Gastbeitrag von Dr. Sebastian Scheffzek

Das zum 01. August 2022 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union bedeutet für Arbeitgeber vor allem eines: mehr schriftliche Dokumentation. Und wo dokumentiert wird, ist der Datenschutz in der Regel nicht weit.

Das nun erforderliche „Mehr“ an Dokumentation hat jedoch ausnahmsweise keine datenschutzrechtliche Relevanz. Zwar liegt es nahe, beim Thema „Informationspflichten gegenüber Beschäftigten“ an die Pflichtinformationen gem. Art. 13 und 14 DSGVO zu denken, schließlich handelt es sich hierbei ebenfalls um ein Dokument, dass der/die Arbeitgeber:in als verantwortliche Stelle den Beschäftigten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses zur Verfügung stellen muss. Inhaltlich unterscheiden sich die bereitzustellenden Informationstexte jedoch und sind dementsprechend voneinander zu trennen.  

Oftmals auch nur „Datenschutzhinweise für Arbeitnehmer:innen“ genannt, setzen die datenschutzrechtlichen Pflichtinformationen die Anforderungen der Art. 13 und 14 DSGVO um. Diese verlangen, dass betroffene Personen zum Zeitpunkt der Datenerhebung mit bestimmten Hintergrundinformationen über die Datenverarbeitung versorgt werden (Für welche Zwecke werden die Daten erhoben? An welche Einrichtungen oder Personen werden die Daten weitergegeben? Wie lange werden die Daten gespeichert? etc.). Da es ihm Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen zu einer Vielzahl von Datenverarbeitungsvorgängen kommt, trifft diese Verpflichtung auch den/die Arbeitgeber:in als für die Verarbeitung verantwortliche Stelle.

Ähnlich den Artikeln 13 und 14 DSGVO zielen auch die Änderungen am Nachweisgesetz auf eine Verbesserung der Informationslage der Beschäftigten ab, ohne sich dabei jedoch auf die datenschutzrechtlichen Pflichtinformationen auszuwirken. Von der neuen gesetzlichen Regelung betroffen sind vor allem arbeitsrechtliche Aspekte, wobei es schwerpunktmäßig um die Dokumentation von Arbeitsbedingungen geht (z. B. Arbeitsort, Überstunden, Vergütungsfragen, Dauer der Probezeit etc.).

In seinem Gastbeitrag „Überblick zur Änderung des Nachweisgesetz (NachwG) zum 01.08.2022 und weiterer Gesetze“ informiert unser Gastautor Dr. Sebastian Scheffzek, Anwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei DORNKAMP darüber, welche zusätzlichen Angaben von Arbeitgeber:innen nun erwartet werden und mit welchen Konsequenzen bei Verstößen zu rechnen ist.

Gastbeitrag von Dr. Sebastian Scheffzek, DORNKAMP Rechtsanwälte

Überblick zur Änderung des Nachweisgesetz (NachwG) zum 01.08.2022 und weiterer Gesetze

Aufgrund der EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen hat der deutsche Gesetzgeber weitreichende Änderungen des Nachweisgesetzes (NachwG) beschlossen, die zum 01.08.2022 in Kraft treten. Diese verlangen u.a. zusätzliche Angaben durch den Arbeitgeber und ermöglichen neuerdings auch Bußgelder bei etwaigen Verstößen.

Ferner haben sich Änderungen etwa im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sowie im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ergeben.

Die nachstehenden Fragen/Antworten sollen einen Überblick zu den gesetzlichen Anforderungen geben, können allerdings eine anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

I. Nachweisgesetz

1. Was regelt das Nachweisgesetz (NachwG)?

Das NachwG verlangt, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegt und dem Arbeitnehmer aushändigt.

2. Welche wesentlichen Arbeitsbedingungen muss der Arbeitgeber niederlegen?

Es müssen schriftlich niedergelegt werden (im Fettdruck hervorgehoben sind die ab 01.08.2022 zusätzlich erforderlichen Angaben):

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien

  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses

  • Bei befristeten Arbeitsverhältnissen das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses

  • Der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten
    beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann

  • Eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit

  • Sofern vereinbart, die Dauer einer Probezeit

  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung

  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen

  • Bei Arbeit auf Abruf

o Die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat

o Die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden

o Der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist

o Die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat

  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen

  • Die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs

  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung

  • Wenn der Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung über einen Versicherungsträger zusagt, der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist

  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage

  • Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen

3. Welche Form ist für die Niederschrift einzuhalten?

Es ist die Schriftform einzuhalten, d.h. scan, Fax etc. sind nicht ausreichend. Ferner gilt es zu beachten, dass weiterhin bestimmte Regelungen im Arbeitsvertrag der Schriftform bedürfen, so dass jedenfalls die Niederschrift nach dem Nachweisgesetz und ggf. zusätzlich auch der Arbeitsvertrag der Schriftform bedürfen.

4. Kann die Niederschrift ersetzt werden, wenn alle Angaben im schriftlichen Arbeitsvertrag niedergelegt sind?

Ja, sofern der schriftliche Arbeitsvertrag alle erforderlichen Angaben enthält, bedarf es keiner gesonderten Niederschrift nach dem Nachweisgesetz. Gleichwohl sind Arbeitgeber gut beraten, die bestehenden Arbeitsverträge zu prüfen sowie ggf. auf Nachfrage von Arbeitnehmern alle erforderlichen Angaben schriftlich mitteilen zu können, da insoweit kurze Fristen gelten.

5. Welche Fristen zur Aushändigung der Niederschrift an den Arbeitnehmer sind vom Arbeitgeber bei ab dem 01.08.2022 begründeten Arbeitsverhältnissen einzuhalten?

Bei Arbeitsverträgen, die ab dem 01.08.2022 abgeschlossen werden, muss die Niederschrift über bestimmte Arbeitsbedingungen spätestens am ersten Arbeitstag ausgehändigt werden. Für weitere Arbeitsbedingungen gilt teils eine Frist von 7 Arbeitstagen und im Übrigen eine Frist von einem Monat. Es empfiehlt sich allerdings, spätestens am ersten Arbeitstag die gesamte Niederschrift mit allen erforderlichen Angaben auszuhändigen und sich den Erhalt vom Arbeitnehmer bestätigen zu lassen.

6. Welche Fristen zur Aushändigung der Niederschrift an den Arbeitnehmer sind vom Arbeitgeber bei vor dem 01.08.2022 begründeten Arbeitsverhältnissen einzuhalten?

Bei Arbeitsverhältnissen, die bereits vor dem 01.08.2022 bestanden haben (sog. Altverträge), ist dem Arbeitnehmer auf Verlangen spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber die Niederschrift mit bestimmten Angaben, die Niederschrift mit den weiteren Angaben spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen. Es empfiehlt sich daher, ein Muster mit den vollständigen Angaben vorzuhalten, um etwaige Auskunftsverlangen von Arbeitnehmern fristgerecht erfüllen zu können.

7. Was gilt bei späteren Änderungen der wesentlichen Arbeitsbedingungen?

In Zukunft müssen etwaige Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen dem Arbeitnehmer spätestens an dem Tag ihres Wirksamwerdens schriftlich mitgeteilt werden. Insoweit empfiehlt sich die nachweisbare (!) Aushändigung einer überarbeiteten Niederschrift. Es sollte im Rahmen der Niederschrift klargestellt werden, dass es sich um eine Information handelt, nicht aber um eine Vereinbarung, die zusätzliche Rechte und Pflichten begründen soll.

8. Drohen bei Verstößen gegen das Nachweisgesetz Bußgelder?

Ja, bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 2.000,00 Euro pro Fall. Bei einer Vielzahl von Arbeitsverträgen können erhebliche Bußgelder zusammenkommen.

9. Was gilt bei Praktikanten?

Auch bei Praktikanten müssen bestimmte Angaben in die Niederschrift aufgenommen werden, etwa

  • die mit dem Praktikum verfolgten Lehr- und Ausbildungsziele

  • Beginn und Dauer des Praktikums

  • Dauer der täglichen Praktikumszeit

  • Zahlung und Höhe der Vergütung

  • Dauer des Urlaubs

  • Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Praktikumsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen

10. Was gilt bei Entsendungen ins Ausland?

Sofern der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als 4 aufeinanderfolgende Wochen außerhalb der BRD zu erbringen hat, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor seiner Abreise die Niederschrift ausgehändigt werden mit folgenden Angaben

  • Das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll

  • Die geplante Dauer der Arbeit

  • Die Währung, in der die Entlohnung erfolgt

  • Sofern vereinbart, mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten

  • Die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist und gegebenenfalls die Bedingungen für die Rückkehr

11. Drohen bei Verstößen gegen das Nachweisgesetz auch bei Praktikanten und Entsendungen Bußgelder?

Ja, bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 2.000,00 Euro pro Fall.

II. Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

1. Was sind die wesentlichen Änderungen im TzBfG?

Sofern ein Arbeitnehmer in Textform den Wunsch nach Veränderung von Lage oder Dauer der Arbeitszeit angezeigt hat, muss der Arbeitgeber nach der Gesetzesänderung den Arbeitnehmer über entsprechende Arbeitsplätze im Betrieb und Unternehmen informieren. Ferner muss der Arbeitgeber innerhalb von einem Monat auf den Wunsch des Arbeitnehmers in Textform begründet antworten, sofern das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat.

2. Was ändert sich bei Abrufarbeit?

Der Arbeitgeber muss künftig den Zeitrahmen festlegen, in dem auf seine Aufforderung der Arbeitnehmer arbeiten muss. Außerdem muss der Arbeitgeber mindestens 4 Tage im Voraus die konkrete Lage der Arbeitszeit mitteilen.

3. Was ändert sich bei der Probezeit in befristeten Arbeitsverhältnissen?

Eine Probezeit bleibt weiterhin auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen zulässig. Allerdings muss diese im Verhältnis zur erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Welche Anforderungen hier im Einzelnen zu beachten sind, wird sich leider erst über die Gerichtspraxis zeigen. Ist die Dauer der Probezeit zu lang bemessen, gilt nicht die kurze Probezeitkündigungsfrist.

4. Was ändert sich bei Wünschen auf unbefristete Arbeitsverhältnisse?

Der Arbeitgeber muss bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und die in Textform einen Wunsch auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag angezeigt haben, binnen eines Monats eine begründete Antwort in Textform geben. Ausnahmen gelten, wenn der Arbeitnehmer bereits in den vorausgegangenen 12 Monaten einen solchen Wunsch geäußert hat.

III. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

Im AÜG sind weitergehende Mitteilungspflichten des Verleihers in Bezug auf den Entleiher geregelt, die allerdings in der Praxis mit der entsprechend ergänzten Einsatzmitteilung zu erfüllen sein werden.

Ferner müssen Entleiher die Leiharbeitnehmer nicht mehr nur wie bislang über beim Entleiher zu besetzende Arbeitsplätze informieren. Leiharbeitnehmer können in Textform anzeigen, dass sie einen Arbeitsvertrag mit dem Entleiher abschließen möchten. Entleiher müssen künftig bei einer Entleihdauer von mehr als 6 Monaten innerhalb von einem Monat in Textform eine begründete Antwort auf diese Anzeige geben. Bei Verstößen droht ein Bußgeld.

Bei den vorstehenden Informationen handelt es sich um allgemeine Informationen, die eine Überblick geben, nicht aber eine individuelle anwaltliche Beratung ersetzen können.

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